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Mausche aus Dessau ist 14 Jahre alt und will zu David Fränkel nach Berlin. Dieser Fränkel soll sein Lehrer werden, nachdem er ihn Monate zuvor bei sich zu Hause kennen und seine Maimonides-Übersetzung bewundern gelernt hat. Eine beschwerliche Reise steht ihm bevor, bekommt Mausche doch nur wenig mehr als das für Juden seinerzeit notwendige Geld für den Leibzoll an den Stadtgrenzen mit. Und zu Fuß ist er wie schon in Dessau wegen seines Glaubens und seines unansehnlichen Äußeren allen möglichen Anfeindungen ausgesetzt. Dazu kommen nun auch noch angriffslustige Wildschweine und Räuber. Doch Mausche findet Freunde, die ihn mit ihren unterschiedlichen Sprachen und Dialekten auf seinem Weg begleiten und nicht nur seinen Wortschatz bereichern.
Katja Behrens erzählt mit "Der kleine Mausche aus Dessau" von einer tatsächlichen Reise Moses Mendelsohns, die er im Jahre 1743 angetreten hat. Doch bis auf die äußeren Rahmendaten und das Ziel der Reise ist alles andere fiktiv. Die Autorin belegt jedoch in ihrem Nachwort zum Buch sehr eindrücklich, dass ihr Entfalten dieser Reise sehr gut grundiert ist. So werden nicht nur jugendliche Leser gern nachvollziehen wollen, was das für die meisten Menschen seinerzeit durchaus übliche Reisen zu Fuß an Risiken bedeutet hat. Und dass die Vorurteile gegenüber Randgruppen wie Juden und Fahrendem Volk diese Risiken noch um Einiges vergrößerten. Dazu verfällt die Autorin aber keineswegs in ein vereinfachendes Schwarz-Weiß-Muster, sondern lässt Mausche eben auch einem unvoreingenommenen Theologiestudenten begegnen sowie Räubern jüdischen Glaubens, die ihrem "Handwerk" unter Einhaltung der Sabbatregeln nachgehen.
Reizvoll an dem Buch sind nicht zuletzt die Dialoge mit den z.T. im Anhang übersetzten Wendungen aus dem Hebräischen, Jiddischen und Rotwelsch, die hierin ebenso wie u.a. auch das Hessisch von Mausches Freund Hannes das Sprachgemisch jener Tage spiegeln helfen. Die Liebe des später als Gelehrten berühmt gewordenen Moses Mendelsohn zur Sprache und ihrer Vielfalt findet so einen ihm gemäßen Ausdruck, was aber angesichts der fesselnden Geschichte auch für jüngere Leser keine allzu große Hürde darstellen dürfte.
Weitere Besprechungen zu Werken von Katja Behrens siehe:
Katja Behrens: Der kleine Mausche aus Dessau (2009)
Katja Behrens: Der Raub des Bücherschatzes (2012)