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Kriminalinspektor Piet Hieronymus ist bei der Groninger Kripo
für Landsleute zuständig, die außerhalb der Niederlanden
in Not geraten sind. Zumeist bedeutet das Papierkram, aber hin und wieder
bedarf es auch weiter Reisen. Diesmal geht es in die USA. Ein Immobilienhändler
wird vermißt. "Wir sind ein freies Land. Es gibt keine Meldepflicht."
meint der amerikanische Kollege lediglich, aber dann händigt er Hieronymus
sogar eine Waffe aus und ermuntert ihn, auf eigene Faust weiterzuforschen.
Hieronymus ist sich bald ziemlich sicher, daß der Vermißte
ermordet wurde. Er lernt Samantha kennen und begibt sich mit ihr auf die
Suche nach Gutty Floy. Dieser polizeibekannte Stadtindianer markierte seinen
ganzen Weg von San Francisco über Oregon hinaus mit einem stilisierten
Mörderwal, der als Totem immer wieder an Türen und Häuserwänden
prangt. Ein weiterer Hinweisgeber ist ein von Gutty Floy verfaßtes
Tagebuch, das Hieronymus in der Groninger Wohnung des Immobilienhändlers
entdeckt hatte. Für sich genommen wäre dieser Plot einer Verfolgungsjagd
ja etwas dürftig, wenn sich die eigentliche "Action" dieses
Romans nicht ganz woanders abspielen würde. Obwohl schon Mitte fünfzig
und ausgebildeter Psychologe hat sich Piet Hieronymus noch nicht wirklich
von seinen Eltern abgenabelt. Ein Umstand, der in ihm die überlebensnotwendige
Distanz zu dem mutmaßlichen Mörder verringern läßt.
Als Gutty Floy schließlich auf Hieronymus trifft, offenbart er dem
Inspektor seine Leidenschaft für Wale. Diese vom Aussterben bedrohten
Tiere will Gutty Floy um jeden Preis schützen. Nach Art eines Castaneda-Romans
liefert sich Hieronymus alsbald der selbstsicheren Autorität Gutty
Floys mit Haut und Haaren aus und kann der in sich plausiblen "Philosophie"
des Indianers nur wenig entgegensetzen. Das hat viel mit zartbitterer Ironie
zu tun, die weder die Sehnsüchte grau gewordener "Hippies"
noch das Genre selbst ausnimmt. Ein überzeugendes Vexierspiel also,
das auch eingefleischte Krimiliebhaber zu überraschen vermag.
Weitere Besprechungen zu Werken von Henning Boëtius siehe:
Henning Boëtius: Der Walmann (1996)
Henning Boëtius: Undines Tod (1997)