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Die Autobiographie "Wo war ich noch einmal?" von John Cleese endet eigentlich mit einem Cliffhanger. Dann aber folgt dem 15. Kapitel doch noch ein sechzehntes, das auf das 2014er Revival der noch lebenden fünf Monty Phytons in den bejubelten Londoner O2-Shows Bezug nimmt. Darin geht Cleese zwar kurz auf die Arbeitsweise zuvor bei den Filmsets mit den Phytons ein, aber dies nur, um den Unterschied zu den letzen Live-shows deutlich zu machen. Und auch darum, warum die fünf sich überhaupt noch einmal trafen - treffen mussten …
Fehlt diesem Buch also etwas Wesentliches? JEIN!
Der vom Autor selbst benannte Cliffhanger verweist erfreulicherweise doch recht deutlich, dass da noch ein zweiter Autobiographie-Band von ihm folgen könnte.
Und die 457 Seiten bis zum 16. Kapitel lassen nichts zu wünschen übrig - außer eben dem Wunsch nach einer Fortsetzung!
Denn Cleese erzählt auf so treffend wie angenehm selbstironische Weise sehr detailreich von seiner Geburt bis zu seinem 30. Lebensjahr, das zum Gründungsjahr der Monty Phytons werden sollte. Und sich diese Zeit davor im Erzählton von Cleese vor Augen halten zu können, macht mehr als Sinn, denn diese Zeit bildet mit seinem Spießertum und solchen Präzisierungen wie der Angehörigkeit z.B. zur "unteren Mittel-Mittelklasse" die Fallhöhe, um die spätere Brillanz in der Komik der Pythons und der von Cleese als einem ihrer Autoren wirklich schätzen zu können. Seine persönlichen Fragen und Probleme, die sich an bissigen Kaninchen, ersten Bühnenauftritten als Luzifer in Strumpfhosen oder der eigentlich nur mit Sinn für Humor zu begründenden Bombardierung seines unbedeutendes englisches Heimatdorfes rieben, sind insofern ebenfalls nicht zu unterschätzen - insbesondere wenn sich Erlebnisse seiner Jugend dann als Quellen u.a. für eine der wunderbar absurden Szenen in "Das Leben des Brian!" erweist, in der ein erwischter Protestschreiber seinen Satz viele, viele Male in korrektem Latein an die Stadtmauer schreiben muss.
Und neben seiner Selbstironie und der zuweilen durchaus boshaften Charakterisierung seiner späteren Mitstreiter, zeichnet sich Cleese zugleich durch viel Respekt und rührender Anteilnahme aus, wenn er z.B. über die weit vor Monty Phyton liegende Zusammenarbeit mit Graham Chapman schreibt. Oder über seine Zusammenarbeit mit Marty Feldman oder Douglas Adams oder vielen anderen Ikonen britischen Humors. Und am Ende weiß man, dass das Zusammentreffen dieses einst so genialen Sextetts keineswegs ein banaler Zufall war, sondern sich aus nicht wenigen Treffen mit einzelnen von ihnen in anderen Zusammenhängen geradezu zwingend anbahnte. Zur Freude all ihrer Fans!!
Alle sechs sind und waren besonders - und John Cleese, der sich in seinem Buch durchaus um Bescheidenheit bemüht, keinesfalls der am wenigsten Besondere.
Nein, eine Autobiographie kann keine Fortsetzung eines Monty-Phython-Sketches sein und ja, es wäre noch schöner gewesen, wenn sie gleich mindestens 1000 Seiten inklusive seiner Zeit mit den Phytons umfasst hätte - aber so bleibt einem am Ende auch etwas Schönes, nämlich die hoffentlich berechtigte Vorfreude auf eine Fortsetzung!
Weitere Besprechungen zu Werken von den Monty Pythons siehe:
Monty Python: Das Leben des Brian (1994; Drehbuch)
John Cleese: Wo war ich noch mal? (2015)