buechernachlese.de
|
Der Titel verspricht nicht zuviel - "Hammerstein oder Der Eigensinn" verhandelt eine wahrhaft eigenartige Familienkonstellation, die vor, während und auch noch nach dem Ende des Naziregimes seine Spuren hinterlassen hat.
Hans Magnus Enzensberger erzählt darin Geschichte in z.T. auch fiktiv postumen Unterhaltungen und spekulativen Glossen, deren Fragen mindestens so interessant sind, wie die von ihm zahlreich zusammengetragenen, in summa dennoch nur fragmentarischen Fakten.
Eine der bestechendsten Quintessenzen für den attestierten Weitblick der Hauptfigur Kurt von Hammerstein, der sich zuletzt selbst und ohne weitere Repressalien aus der Heeresleitung zurückzog, ist dessen vielseits bestätigte Faulheit - nur sie erlaubt Genie, während der Fleiß als Alleinstellungsmerkmal größte Besorgnis auszulösen hätte. Für das (nicht nur) damalige Deutschland eine wunderbar unerhörte Einstellung.
Ein weites Feld für Psychologen hingegen wäre die keineswegs nur demonstrative Abwehr eines von sieben Kindern dieses Vaters. Kurt von Hammerstein verstarb 1943 an Krebs, seine Familie aber leistete bis zuletzt mehr oder weniger verhohlenen Widerstand gegen die Naziherrschaft - eine keineswegs rundweg sympathisch erscheinende oder gar von Irrtümern freie Familie, für deren sich nicht Gleichschalten lassenden Eigensinn innerhalb einer sich durch willfährige Anpassung auszeichnenden Kaste aber höchster Respekt gebührt.
Nachzulesen in einem so spannenden wie unterhaltsam eigensinnig aufgebauten Werk, das nun auch als preiswertes Taschenbuch vorliegt.
Weitere Besprechungen zu Werken von Hans Magnus Enzensberger siehe:
Büchernachlese-Extra: Hans Magnus Enzensberger