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Büchernachlese-Extra: Günter Grass

Günter Grass

Figurenstehen

Eine Legende. Steidl Verlag, Göttingen (November) 2022. 72 Seiten. 18,00 Euro. ISBN: 978-3-96999-107-7, >>> Amazon
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Ende der 1980er Jahre auf Lesereise in der DDR, wird Günter Grass zusammen mit seiner Ehefrau Ute wohlbeaufsichtigt innerhalb einer Reisegruppe zur sandsteinernen Uta von Naumburg und den elf weiteren Stifterfiguren im Naumburger Dom herangeführt. Inspiriert von dieser Figurengruppe, bittet Grass alsbald auf dem Papier alle einst realen Personen aus dem 13. Jahrhundert zu Tisch, die dem Künstler für diese Figurengruppe zum Vorbild wurden. Für Uta von Naumburg war das damals die Tochter des Goldschmieds, und sie hat es Grass besonders angetan …
Von Günter Grass hat sich posthum und erst nach Erscheinen der Neuen Göttinger Werkausgabe (2020) eine bislang unbekannte, 2005 verfasste und im gleichen Jahr auch von ihm illustrierte Erzählung gefunden, die nun erstmals als schmales, aber vom Steidl Verlag wie immer schön ausgestattetes Hardcover-Buch vorliegt.
Erst kürzlich von Grass' langjähriger Mitarbeiterin Hilke Ohsoling im Archiv entdeckt, gab es allerdings schon vorher einige Hinweise auf diesen Text wie in einzelnen Manuskriptseiten im Archiv, in Arbeitsplänen, in einer Skulpturengruppe im Atelier und in Lithographien. (2006, also ein Jahr später lag "Beim Häuten der Zwiebel vor" - ob diese Erzählung womöglich als Kapitel hierfür erst vorgesehen war, dann aber von Grass aussortiert wurde, geht aus der editorischen Notiz im Anhang nicht hervor.)
Schon nach wenigen Zeilen zieht einen Grass mit seiner barock an Metaphern und Zwischentönen reichen Erzählweise wieder in den Bann. Und auch wenn er im Verlauf des Textes da und dort, wie so oft in seinen "späten Jahren", Kolleg:innenschelte aufflammen lässt - hier immerhin kurz und daher auch kurzweilig -, verliert die Erzählung nichts von ihrem Zug. Denn schon bald hat der Ich-Erzähler eine "reale" heutige "Figurensteherin" kennengelernt, die, täuschend echt als Uta von Naumburg verkleidet, stumm um eine geldwerte Gabe bittet. Und Grass trifft sie alsbald nicht nur in Naumburg, sondern auch in Köln und Frankfurt a.M. vor der Börse, wo er seine Geschichte in ein so aktuelles wie brisantes Finale münden lässt.
Wer die Grass'sche Art von Magischem Realismus und seine Sprachregelung hierfür zu schätzen weiß, wird auch an dieser, ihm unter diesen Vorzeichen durchweg gelungenen Erzählung gewiss sein Vergnügen haben!

Weitere Besprechungen zu Werken von Günter Grass und Sekundärliteratur dazu siehe:
Büchernachlese-Extra: Günter Grass

Buechernachlese © Ulrich Karger


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