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Paolo Maurensig

Spiegelkanon

Roman. Hoffmann und Campe Verlag, Hamburg 1997, 204 S., ISBN: 3-455-04777-7, >>> Amazon
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Eine kostbare alte Geige wurde versteigert. Den Zuschlag erhielt ein österreichischer Aristokrat, der kurz darauf von einem aufgeregten Mann besucht wird. Dieser Mann ist Schriftsteller und sein Interesse für die Geige mit dem eigenartig geschmückten Wirbelkasten hat einen besonderen Grund. Ein Jahr zuvor hatte ein gewisser Jenö Vargo auf eben dieser Geige in einem Heurigenlokal in Grinzing aufgespielt. Das Spiel Vargos stand im eklatanten Widerspruch zum Auftrittsort: Er spielte mit kaum zu überbietender Meisterschaft, aber nur der Schriftsteller schien dies seinerzeit angemessen würdigen zu können. Jenö Vargo, sichtlich nicht mehr der Jüngste, erzählte daraufhin dem Schriftsteller seine Lebensgeschichte, die einerseits die Abgründe einer obsessiven Leidenschaft zur Musik entfaltete, andererseits eine geheimnisvolle Biographie barg, die nur scheinbar die politischen Entwicklungen Anfang der dreißiger Jahre ausblendete. Die sich mit jeder gespielten Note verzehrende Musik gegenüber dem Wunsch nach Unsterblichkeit mündet zuletzt in einer überraschenden Volte, die nicht von ungefähr ihren Hintergrund vor Friedhof und psychiatrischer Anstalt findet.
Paolo Maurensig hat nach seiner bereits bemerkenswerten "Lüneburg-Variante" mit DER SPIEGELKANON eine im besten Sinne klassische Novelle geschaffen. Dank der ausgezeichneten Übersetzung erinnern manche Passagen über die Mühen des Musikstudiums an Hesses "Glasperlenspiel". Fesselnd bis zur letzten Seite wandelt sich hier eine alte Geige vom leblosen Objekt zur sinnstiftenden Antriebskraft, die nur schwer zu bändigen ist.

Weitere Besprechungen zu Werken von Paolo Maurensig siehe:
Paolo Maurensig: Die Lüneburg-Variante (1994)
Paolo Maurensig: Spiegelkanon (1997)

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