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Im abgelegenen Heath Cliff hat die Biotech-Firma "SunRay Farm" einen gänzlich neuen, angeblich die Umwelt nicht belastenden Energieträger namens "Biolen" entwickelt. Unweit ihrer Labore, nur von einem Wald getrennt, steht das altehrwürdige Gebäude der Woodridge Academy, in der knapp dreihundert Schüler unterrichtet werden. Als drei von ihnen den Wald durchqueren, kommen sie mit einem Schlamm in Berührung, der nahezu augenblicklich einen blutigen Ausschlag hervorruft. Doch nicht nur das: dieser Ausschlag ist hoch ansteckend und am Ende tödlich …
Louis Sachar ist Autor äußerst erfolgreicher Kinderbücher wie "Löcher", "Der Fluch" oder "Bradley - letzte Reihe, letzter Platz". In diesen Titeln zeichnete er unvergessliche Charaktere, die realen Absurditäten zu entkommen suchen und dadurch auf immer neue Nebenwege geraten - das fesselte bis zur letzten Seite und schonte angesichts scheinbar sich immer wieder wie von selbst ergebender Situationskomik auch das Zwerchfell nicht. In seinem neuen Buch "Schlamm oder die Katastrophe von Heath Cliff" finden sich von all dem leider nur noch Spurenelemente. Hat Sachar zuvor seinen Figuren freien Lauf gelassen, um daraus dann ihnen gemäße Themen abzuleiten, scheint hier die Vorgabe gewesen zu sein: Wie verdeutliche ich 12-jährigen die Risiken eines gewerbsmäßigen Einsatzes von Mikroorganismen, die eigentlich nicht beherrschbar sind?
So gliedert sich "Schlamm" in zwei Hauptstränge. Der eine hat anfangs noch sehr gut die Schulkinder im Blick und hiervon insbesondere Marshall und Chad aus einer siebten und Tamaya aus einer fünften Klasse. Chad mobbt Marshall und droht ihm wegen einer angeblichen Beleidigung Schläge an. Tamaya wiederum soll wegen des langen Schulwegs stets von Marshall nach Hause begleitet werden. Als Marshall nun wegen der drohenden Schläge den Weg durch den Wald wählt, muss Tamaya mit. Doch Chad kommt den beiden auf die Schliche, bis sie am Ende alle drei vor einem Schlammloch stehen und dort ahnungslos ihre Auseinandersetzungen auf die Spitze treiben.
Den zweiten Strang bilden eingestreute Auszüge aus geheimen Senatsanhörungen von SunRay-Wissenschaftlern. In diesen meist nur zwei, drei Seiten langen Dialogen stellen Senatoren zwar gewissenhaft aber nicht allzu tiefbohrend ihre Fragen. Die befragten SunRay-Wissenschaftler wiederum werden als eifersüchtige, selbstgefällige oder eindeutig verhaltensgestörte Fachidioten karikiert, die nur den kurzfristigen Erfolg sehen und trotz besseren Wissens eventuelle Risiken verschweigen, dann kleinreden und erst nach einer Katastrophe in vollem Umfang zugeben.
Und wiewohl das nicht nur realistischer gewesen wäre und für eine engere Verknüpfung hätte sorgen können, hat scheinbar keiner sonst aus Heath Cliff mit SunRay und seinem Biolen etwas zu tun, auch kein einziges Elternteil der Schulkinder. Lediglich fürs an Zufällen reiche Happy End kommen die Findigkeit des örtlichen Tierarztes und der Heldenmut einer über sich hinauswachsenden Tamaya zum Zuge.
Insgesamt also leider nur punktuell überzeugendes Stückwerk, das eine mitreißend begonnene Mobbinggeschichte arg holprig zu Ende führt, um ein wichtiges Thema in Sachen Umweltpolitik bestenfalls plakativ anzureißen.
Weitere Besprechungen zu Werken von Louis Sachar siehe:
Louis Sachar: Der Fluch (2002)
Louis Sachar: Bradley - letzte Reihe, letzter Platz (2003)
Louis Sachar: Schlamm oder die Katastrophe von Heath Cliff (2015)