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Peter Ustinovs Nebenbeschäftigungen erinnern an den Slogan homöopathischer
Arzneien: Helfen sie nicht, so schaden sie wenigstens keinem. Ein durchaus
ehrenwerter Gegensatz zum Schauspielerkollegen Ronald Reagan, der in seinem
Fach nie den ins Lächerliche überzogenen Größenwahn
eines Nero oder Agatha Christies Hercule Poirot hätte ausfüllen
können, dafür aber dann Präsident der USA wurde.
Das neueste Ergebnis von Ustinovs Nebenbeschäftigungen ist dagegen
der Roman DER ALTE MANN UND MR.SMITH, in dem die im Titel genannten Protagonisten,
nämlich Gott und Teufel, die Erde besuchen, um die Gründe ihrer
schwindenden Wirksamkeit zu erforschen.
Aus der VIP-Lounge-Perspektive des Autoren geraten die beiden von einer
slapstickhaften Situation in die andere, um sich am Ende wider Willen nahezu
befreundet zu haben und in diametral entgegengesetzter Richtung wieder
auseinanderzugehen.
Nicht sie, sondern der Mensch in seiner korumpierbaren Kleinkariertheit
ist das "unbekannte Wesen", das ihnen ein kräftezehrendes Rätsel
nach dem anderen aufgegeben hatte.
Die Sprache des Autoren ist wie in seinen Interviews oder den Dialogen
seiner Filme nur schlecht aus dem Kontext zu reißen. Immerhin darf
es doch erstaunen, wenn er z.B. von "bösartig grünlichem Wasser"
schreibt oder eine Erkenntnis von fast Marcel Reich-Ranickischem Format
zum Besten gibt:
"Weiß verlangt nach Schwarz, wie eine Frau nach einem Spiegel
verlangt."
Es würde dem Roman nicht gerecht, wollte man erörtern, was
diese Travestie einer frömmelnden Heiligenlegende an Tiefsinn nicht
leistet oder daß jeder orthodoxe Gläubige gleichwelcher Religion
schon nach den ersten Zeilen "Blasphemie!" zetern würde.
Sir Peter Ustinov setzt mit seinen siebzig Jahren völlig zurecht
auf seine stärkste Waffe, dem Charme eines Plauderers, der vieles
gesehen und das Gesehene in ein durchaus plausibles Muster zu verarbeiten
weiß. Da keiner alles sehen kann, sind seine Ansichten und Zuordnungen
über das Gute und Böse "nur" subjektiv, aber in vielen
seiner konservativ-liberalen Schlußfolgerungen diskutierbar und in
seinen Betrachtungen über Kriege, Hunger und Elend auch nachvollziehbar.
Wer ein Fan von Peter Ustinov ist, zudem Ablenkung in "vergnüglicher"
Literatur sucht, kommt mit diesem Roman ganz bestimmt auf seine Kosten,
denn Ustinov befolgt immerhin strikt die Hauptforderung unseres deutschen
Literaturpapstes: Er langweilt nicht!
Weitere Besprechungen zu Werken von Peter Ustinov siehe:
Peter Ustinov: Der alte Mann und Mr. Smith (1991)
Peter Ustinov: Ustinovs kleines Welttheater (1999)