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Vor dem Inhalt stehen Namen und der Titel. Friedrich Hechelmann gründet
seinen Ruhm vor allem auf Buchveröffentlichungen, in denen altbekannte
Märchentexte seine Bilder illustrieren. Antje Vollmer ist z.Zt. Vizepräsidentin
des Deutschen Bundestags. Diese beiden bearbeiteten nun den Mythos von
ORPHEUS UND EURYDIKE. Im Format eines Atlanten beeindrucken die vornehmlich
in blau und grün gehaltenen Aquarelle allein schon durch ihre Größe.
Selbst ein Laie muß zugestehen, daß hier viel Licht und Schatten
zu sehen ist. Wer schon immer Caspar David Friedrich schätzte und
auch den Werbebroschüren esoterisch heutiger Nischenmystik etwas abgewinnen
kann, kommt hierbei sicher auf seine Kosten. Warum sich aber Antje Vollmer
derart zielsicher aufs Glatteis begeben hat, bleibt ein Rätsel. Dabei
wird im Impressum auf eine umfangreiche Quellensichtung hingewiesen. Zudem
hatte Vollmer ja dereinst Theologie studiert und sich vermutlich schon
damals mit dem vorchristlichen Auferstehungsgedanken des Orpheus-Kultes
befaßt. Aber bei aller Kenntnis und Durchdringung: Eine sprachlich
stimmige Umsetzung ist ihr nicht gelungen. Anstelle einer sich selbst tragenden
Nacherzählung lieferte sie "gehobenes" Feuilleton. So übertönt
Orpheus mühelos den "sirrend betörenden Singsang der Sirenen",
dafür wird das Kennenlernen der Eurydike mal eben kurz als "magischer
Augenblick" behauptet.
Der Abdruck der Sonette Rainer Maria Rilkes
und Gottfried Benns "Orpheus Tod" am Anfang und das aufgezeichnete
(!) Arbeitsgespräch zwischen Autorin und Maler am Ende des Buches
zeugen dann vielleicht doch eher von schwarzem Humor denn von Respekt vor
der Dichtkunst.
Weitere Besprechungen zu Werken von Antje Vollmer siehe:
Antje Vollmer: Heißer Frieden (1995)
Antje Vollmer & Friedrich Hechelmann: Orpheus und Eurydike (1996)