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Ferienende, Regen, Langeweile und die beste Freundin ist nach Australien
ausgewandert. Da nimmt sich Frieda, ohne ihren Bruder Bastian zu fragen,
sein teures Fernglas und beobachtet die Umgebung. Als sie von Tom angesprochen
wird, tut sie so, als gehörte das Fernglas ihr. Und obwohl sie Tom
gar nicht kennt, leiht sie ihm das Fernglas aus. Für eine halbe Stunde.
Tom ist pünktlich zurück, und Frieda leiht es ihm daraufhin auch
noch für den nächsten Tag aus. Doch am nächsten Tag wartet
Frieda umsonst. Zudem wird sie von zwei anderen Jungen bedroht, die ihr
nicht nur Geld abverlangen, sondern auch das Versprechen, das Fernglas
am besten zu vergessen. Als die Schule wieder beginnt, traut sich Frieda
nicht mehr ohne Geld auf die Straße.
Ein beklemmender Anfang, der aus der Ich-Perspektive Friedas offenbar
die Alltagswirklichkeit vieler Kinder spiegelt. Friedas Eltern signalisieren
als Doppelverdiener, daß sie nur wenig Zeit haben. Und wer ungefragt
etwas nimmt, dem glaubt man dann womöglich nicht. Frieda muß
die Geschichte also selbst in die Hand nehmen. Zum Glück gewinnt sie
bald zwei Mitstreiter, die ihr dabei helfen.
Sigrid Zeevaerts Erzählung ist spannend von der ersten bis zur
letzten Seite. Ein richtiger Krimi mit einem aus dem Leben gegriffenen
Anfang, aber einem Lösungsweg, der einem als Erwachsenem die Haare
sträuben läßt. Denn Frieda leistet mit ihren Freunden polizeiliche
Vorarbeit wie bei "Emil und den Detektiven" oder den "Fünf Freunden"-Serienhelden.
Zwar läßt die Autorin die Eltern am Happy End mit einem verzweifelten
"Mach so etwas bitte nicht noch mal, ohne uns etwas zu sagen" zu Wort kommen,
aber diese Mahnung geht im anschließenden Abspann von Friedas Triumph
völlig unter.
So muß das Fazit zwiespältig ausfallen. Positiv ist gewiß
das Aufgreifen einer Thematik, von der sogar bereits Erstklässler
betroffen sind. Ebenso herauszustreichen ist der gelungene Versuch, die
Motive und die Kettenreaktionen von erpressten Schülern vorzustellen,
die dann selber andere erpressen müssen, um ihre "Schulden" zu begleichen.
Und natürlich gilt es hier, den Mut zum Widerstand zu fördern.
Mut heißt hier jedoch, sich so schnell wie möglich an Erwachsene
zu wenden und nicht noch Hilfskommissar zu spielen, nachdem einem bereits
ein Messer an die Kehle gesetzt worden ist. Und wenn die Eltern nicht ansprechbar
sind, sollte auf andere mögliche Ansprechpartner in der Schule oder
bei der Polizei hingewiesen werden. Aber vielleicht ist der Rezensent einfach
zu sehr besorgter Vater, und die Kinder wissen längst zwischen Wunschvorstellung
und Wirklichkeit zu unterscheiden. Dann allerdings bildet "Mehr als ein
Spiel" sicher eine reizvolle Alternative zu den Abenteuergeschichten à
la Enid Blyton.
Weitere Besprechungen zu Werken von Sigrid Zeevaert siehe:
Sigrid Zeevaert: Sam und Bill (1993)
Sigrid Zeevaert: Mehr als ein Spiel (1999)