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Büchernachlese-Bestenliste 2011

Elsbeth Zylla (Hrsg.)

Heinrich Böll - Lew Kopelew

Briefwechsel. Mit einem Essay von Karl Schlögel. Steidl Verlag, Göttingen 2011. 751 Seiten. 29,80 Euro. ISBN: 978-3-86930-363-5, >>> Amazon
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"Die Böll-Kopelew-Korrespondenz zeigt, dass es jenseits der Denunziationsformel gegen die ‚Gutmenschen' so etwas gibt und gegeben hat: gute, anständige Menschen."

Das Zitat ist dem gut 25 Seiten umfassenden Essay Karl Schlögels entnommen, das die sehr instruktive Einleitung dieses nun als Buch vorliegenden Briefwechsels zwischen Heinrich Böll und Lew Kopelew bildet. Überschrieben mit "Ost-westliche Kassiber - Vom langen Ende einer langen Nachkriegszeit" steckt Schlögel darin insbesondere auch für eine jüngere Leserschaft den Rahmen und die Felder ab, in denen diese beiden Autoren trotz aller biographischen Gegensätze um eine gemeinsame Sprache in Zeiten des Kalten Krieges rangen und sehr konkret für das horizonterweiternde Denken und Agieren ihnen bekannter Künstler nachhaltig wirksame Brücken zu schlagen vermochten. Zugleich lenkt dieser Austausch u.a. auch noch einmal den Blick auf Böll als Kritiker der Amtskirchen wie auch als einen der "ernstesten Kritiker einer nur noch reflexhaft reagierenden und rasch alt gewordenen Neuen Linken". Denn Böll hob sich vom Juste Millieu West-Deutschlands ab, indem er nicht nur redete, sondern sich tatkräftig für Verfolgte gerade auch im Ostblock einsetzte. Aber Kopelew nennt in seinen Briefen noch viele weitere Gründe, warum auch in der Sowjetunion schon vor seiner Erlangung des Nobelpreises im Jahr 1973 Bölls "Fangemeinde" nach Hunderttausenden zählte.
Nicht zuletzt aber zeichnen diese Briefe, die auch die Ehefrauen Annemarie Böll und Raissa Orlowa nicht nur grüßen ließen, sondern als aktive Briefpartner einschlossen, eine immer enger und herzlicher werdende Freundschaft ab. Sehr berührend dabei die gegenseitige Sorge um die Gesundheit der anderen oder das tatkräftig auf Abhilfe bedachte Mitgefühl, wenn die Springerpresse auf der einen Seite und der KGB auf der anderen den beiden Autoren das Leben so perfide wie treffsicher schwer machten.

Im groß Oktav und mit nahezu anderthalb Kilogramm auch rein äußerlich ein Schwergewicht, hat der Verlag diese von der Heinrich-Böll-Stiftung in Auftrag gegebene Edition vorzüglich mit Leinenbindung und gut lesbarer Typographie ausgestattet. Auf die rund 390 Seiten für den Briefwechsel, folgen 80 Kunstdruckseiten mit Fotos von Begegnungen der beiden und einigen Originalbriefen, denen sich ein 200 Seiten umfassender, von der Herausgeberin Elsbeth Zylla ausgezeichnet besorgter "Stellenkommentar" anschließt. Für Letzteren wurden zur Erleichterung der Lektüre nicht nur ein, sondern zwei Lesebändchen angefügt. Die restlichen 40 Seiten sind schließlich einem Anhang für Quellen und einem Personenregister vorbehalten.
Liebhaber der Werke Bölls und Kopelews sowieso, aber auch angehende Germanisten und Historiker können dieser Edition eine Menge abgewinnen - nicht zuletzt eine Zeitreise in die zwei Jahrzehnte von 1962 bis 1982, die von einem erhellenden Austausch zweier Menschen gespiegelt sind, von denen es leider nie genug geben wird.

Weitere Besprechungen zu Werken von Heinrich Böll siehe:
Heinrich Böll: Der blasse Hund (1955)
Elsbeth Zylla (Hrsg.): Heinrich Böll - Lew Kopelew. Briefwechsel (2011)

Buechernachlese © Ulrich Karger


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