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Raymond Ash ist jetzt Mitte 30. Für Kate und das gemeinsame Baby hat er das Entwickeln von Computerspielen aufgegeben und sich stattdessen einen Job als Lehrer gesucht. Doch als sich Raymond auf dem Weg nach Hause eine kleine Auszeit nimmt und im Glasgower Flughafenterminal von anderen Zeiten träumt, fragt er sich, was schlimmer ist: der Job oder das Kate und ihm den Schlaf raubende Baby. Plötzlich meint Raymond, einen Geist zu sehen. Denn Simon, dem einer der Passanten im Flughafen verdammt ähnlich sieht, ist seit drei Jahren tot. Doch womöglich war das gar kein Geist, denn wenig später geschehen auf einmal Dinge, die seltsamer und brutaler sind als jedes seiner geliebten Computerspiele …
Der Galiani Berlin Verlag hat mit der Übersetzung von "Wer andern eine Bombe baut" des schottischen Autors Christopher Brookmyre erneut einen Volltreffer gelandet!
Vier Erzählstränge verzwirbeln sich zu einem Show down, der am Ende neben Raymond noch womöglich unzählige weitere Opfer fordert. Der Thriller über einen skrupellosen Auftragsterroristen entwickelt einen kräftigen Sog, der bis zur letzten Seite trägt. Dass der Leser von Anfang an weiß, wer hinter dem Auftragsterroristen steckt, tut dem Lesevergnügen keinen Abbruch - im Gegenteil! Wer wie Brookmyre dem tiefschwarzen britischen Humor etwas abgewinnen kann, wird sogar einigen Argumenten des Terroristen durchaus zustimmen können. Genauso wie er im gleichen Tonfall Raymonds Sorgen und Sehnsüchte als um den Schlaf gebrachter Familienvater nachvollziehen kann. Oder die Freude am Destruktiven zweier Schuljungen. Oder die Wut auf den Machismo ihrer Kollegen, dem die hier erstmals eingeführte Polizistin Angelique de Xavia pointiert Ausdruck verleiht. (Bei ihr stellt sich allerdings die Frage, warum "Die hohe Kunst des Bankraubs" mit Angelique de Xavia als Hauptfigur bereits 2013 vorgelegt wurde, wiewohl er chronologisch nach dem hier besprochenen Roman angesiedelt ist und wegen eines Spoilers erst nach "Wer andern eine Bombe baut" gelesen werden sollte!)
Einfach genial oder genial einfach auch, wie Brookmyre hier die Hintergründe für den Terrorismus nach dem "Cui bono"-Prinzip aufdröselt - da braucht es keine Verschwörungstheorie mehr, sondern nur noch die richtigen Fragen.
Dieser Roman ist ein echter Page-Turner, bei dem sich analog zu Angriff der unsinkbaren Gummienten Spannung und Aberwitz die Waage halten und Brookmyres Volten immer wieder für neue Überraschungen sorgen. Ein erster Höhepunkt des Bücherfrühlings!
Weitere Besprechungen zu Werken von Christopher Brookmyre siehe:
Christopher Brookmyre: Angriff der unsinkbaren Gummienten (2014)
Christopher Brookmyre: Wer andern eine Bombe baut (2018)