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"Weiße Flammen, Hitze, Flammentod, das ist Leben: die sauberste
Form zu sterben, weiß-glühend in einem Rausch, sauber, ohne
Rückstände, alles hochgehen lassen, ein sauberer Tod."
Berlin, die Mauerstadt - diesem sattsam bekannten Signet gewinnt Michael
Kleeberg neue, sehenswerte Ansichten ab. Sight-seeing-tours nehmen schon
das Kreuzberg der Punk- vnd Hausbesetzerszene in ihr 'Programm'auf, als
Johann nach Berlin kommt, um hier eine schnelle Mark zu machen. Seine Berlin-Addresse
ist zwar als politischer Märtyrer nach Amsterdam geflüchtet,
aber Johann darf trotzdem das nunmehr leerstehende Zimmer in der Fabriketage
beziehen. Dort treffen, nein streifen ihn die Lebensgeschichten der anderen ...
Nachdem die action vor dem kurz zuvor noch besetzten 'KUCKUCK' gelaufen
ist, versucht Johann noch eine Zeitlang aus den 'alten' Geschichten wenigstens
etwas Nachgeschmack zu pressen, aber der ist bitter, eben aus zweiter Hand.
Letztlich teilnahmslos bis zur Schmerzgrenze, scheint für Johann dann
Leben nur noch in der Gewalt gegen sich und andere spürbar zu werden.
Die Lemminge seiner Scene stürzen nicht herdenweise von den Klippen,
sondern schlagen sich mit heftiger Ausdauer die Köpfe an unsichtbaren
Wänden wund.
Melancholisch, wie ein sonnenglitzernder Fluß, in dem Leichen
treiben, fließt dieser Roman dahin, unmöglich den Blick davon
abzuwenden. Ständig einem Anflug von Gänsehaut ausgesetzt, werden
die Maschen des uns tragenden Sicherheitsnetzes immer weiter, und der Boden
darunter ist mit Glassplittern übersäht. Dann ist die letzte
Seite gelesen, das Buch schnell zugeklappt, aber eigene Standfestigkeit
wiederzufinden, geht nur noch über den Umweg des Neubedenkens.
Der Verlag empfiehlt sich und den Autoren ferner durch eine handwerklich
saubere und lesefreundliche Aufmachung.
Weitere Besprechungen zu Werken von Michael Kleeberg siehe:
Michael Kleeberg: Der saubere Tod (1987)
Michael Kleeberg: Luca Puck und der Herr der Ratten (2012)