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Die mit vielen Literaturpreisen gewürdigte Margaret Mahy wird nun
schon zum 4. Mal im spectrum Verlag vorgestellt.
Dank der kongenialen Übersetzung von Cornelia Krutz-Arnold entfalten
sich darin die Erinnerungen des 19-jährigen Jonny und der alten Sophie
mit dem Charme von HAROLD UND MAUDE.
Die Mischung aus Prägnanz und Humor,wie sie leider meist nur im
angelsächsischen Sprachraum nachlesbar ist, läßt die Gegenwart
eines zu Gewaltausbrüchen neigenden Arbeitslosen und die einer verwirrten
'Lady' bald ganz 'natürlich' in Beziehung treten. Trotz z.T. grotesker
Dialoge finden die beiden zu einer Verständigungsebene, die eben hinter
den Worten liegt. Brutal verdeutlicht ist die alte Sophie verrückt,
sie leidet an dem Alzheimerschen Syndrom, d.h. sie vergißt schon
im nächsten Augenblick, was sie sich gerade vorgenommen hatte. Zudem
hat sie sich ein Zeitkontinuum ausgesucht, das ca. 50-60 Jahre zurückliegt
und in das die Jetztzeit nurmehr bruchstückhaft eingebaut wird. Für
Jonny, der zu Hause oft genug wegen seiner mangelnden Ordnugsliebe angegangen
wurde, ist Sophie das personifizierte Chaos. So nach und nach verfliegen
die Nachwirkungen des letzten Besäufnisses, und er fängt an,
aufzuräumen ...
Aber gerade der unleugbare Verfall von Sophie, der sich vor allem auch
in ihrem Haus sowie ihrer Kleider- u. Körperpflege niederschlägt
(und Jonnies Wahrnehmungsorgane z.T. heftig überfordert), verhilft
ihm zu den notwendigen Erkenntnissen über sein eigenes Trauma: Hat
er seine Schwester über den Abhang gestürzt, oder nicht?
Bei M.M. halten sich Außen-und Innenansichten gekonnt die Waage, und sie bedarf für ihre fesselnde Erzählung weder der wagnerianischen
Trampeligkeit noch des postmodern neudeutschen Danebengeschwafels. Das
neuseeländische Umfeld, von dem man ganz nebenbei auch einiges zugesteckt
bekommt, läßt es anscheinend eher zu, aus einem Alptraum ohne
Zuhilfenahme von Blitz, Donner und Paukenschlag aufzuwachen, um dann einen
neuen Weg einzuschlagen.
Da Jonny nie wirklich aufgeben mußte, war er für jede Gelegenheit
offen, die ihm weiterhelfen konnte.
So einfach ist das! ..?
Gerade den 'Ja, aber'-Sagern sei dieser amüsant tiefschürfende
Roman aufs Herzlichste anempfohlen.
Weitere Besprechungen zu Werken von Margaret Mahy siehe:
Margaret Mahy: Im Banne der Erinnerung (1988)
Margaret Mahy: Rasende Roboter und ohnmächtige Onkel (1995)