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Nach "Die Ostererzählung" hat Rainer Oberthür nun auch "Die Weihnachtserzählung" als ein Bilderbuch vorgelegt, das von Renate Seelig mit kindgemäß farbenfrohen Illustrationen ausgestaltet wurde.
Im Gegensatz zu der ebenfalls von Renate Seelig illustrierten Weihnachtsgeschichte von Barbara Bartos-Höppner, setzt Oberthür als römisch-katholischer Religionslehrer jedoch nicht auf das reine Nacherzählen der das Weihnachtsfest begründenden neutestamentlichen Texte, sondern macht sie Kindern darüber hinaus als Glaubensgeschichte erfahrbar. Ohne missionarischen Eifer und in einer Form, die, ganz dem ökumenischen Geist verpflichtet, keine christliche Konfession auszuschließen sucht. Er betont zudem auch eindeutig die jüdischen Wurzeln Jesu, was die Tora bzw. das Alte Testament als notwendige Voraussetzung zum tieferen Verständnis der Weihnachtsgeschichte verdeutlicht.
Wie in seiner Ostererzählung nutzt Oberthür dabei die Fragen eines Kindes an seinen "Papa" als Rahmen gebendes Erzählmotiv. Das gibt ihm die Vorlage, vom üblichen Muster "radikal" abzuweichen. So beginnt er mit der Geschichte des Evangelisten Matthäus, ohne sie mit der Lukaserzählung zu amalgamieren. Zwischen den beiden Erzählungen wird dem angesprochenen Kind erklärt, worum es Matthäus im Kern ging und es wird auch Realkundliches erläutert, wie z.B. die Deutungsmöglichkeiten der Heiligen Drei Könige.
Aber da fehlen ja noch handelnde Personen, die in den Weihnachtskrippen vorkommen. Die werden nun in der Lukaserzählung nachgereicht - die wiederum nicht mit Maria und Josef, sondern mit Zacharias und Elisabet beginnt, denen nahezu zeitgleich die Geburt des Johannes angekündigt wird, der Jesus später taufen wird.
Rainer Oberthür gelingt in seiner Weihnachtserzählung nahezu die Quadratur des Kreises - in so schnörkelloser wie eingängiger Sprache verbindet er sie mit Zitaten aus dem Alten Testament und macht sie so zu einem beredten Zeugnis dessen, was Christen für ihren Glauben dieser Geschichte abgewinnen können.
Insofern dürfte sie derzeit die "ultimative", weil mehr als vollständige Nacherzählung der Weihnachtsgeschichte sein - nicht nur für Kinder. Andererseits ist das auch genau der Haken, den Eltern bedenken sollten - so flüssig Oberthür auch erzählt, hier wird eine ganze Menge angesprochen, das sich kleineren Kindern entzieht und ihre Aufmerksamkeit womöglich abschweifen lässt. Ihnen sei nach wie vor die Version von Bartos-Höppner ans Herz gelegt. Aber für später (und für sich selbst) sollten auch sie schon mal einen Blick in die Weihnachtserzählung von Rainer Oberthür werfen.
Weitere Besprechungen zu Werken von Rainer Oberthür siehe:
Rainer Oberthür: Neles Buch der großen Fragen (2002)
Rainer Oberthür: Neles Tagebuch (2006)
Rainer Oberthür: Die Ostererzählung (2007)
Rainer Oberthür: Die Weihnachtserzählung (2011)
Rainer Oberthür: Die Pfingsterzählung (2014)