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Die Suhrkamp-Krimireihe fällt im ersten Jahr ihrer Existenz noch arg von den ansonsten auf Struktur und Konzeption bedachten Reihen dieses Verlages ab. Abgesehen von den nennenswerten aber nun auch nicht gerade völlig außergewöhnlichen Romanen Don Winslows (siehe: Pacific Private und Frankie Machine) wurde hier scheinbar bislang mehr gestochert als unter Einsatz von Kennern der Materie ein dem Verlag angemessenes Profil zu entwickeln gesucht.
Mit "Kalter Main" von Rosa Ribas wäre immerhin schon der mögliche Ansatz eines solchen Profils auszumachen.
Der Roman wurde 2007 mit dem spanischen Krimipreis für das beste Kriminalroman-Debüt ausgezeichnet, wiewohl sein Aufbau zuweilen noch arg inkohärent ist. Auch die Übersetzung empfiehlt sich nicht durch eine in sich runde Sprachregelung, sondern lenkt mit einigen hölzernen Passagen von seinem ansonsten durchaus spannungsgeladenen Plot ab.
Die spanische Autorin, die seit über 15 Jahren in Frankfurt am Main lebt, lässt ihre Kommissarin Cornelia Weber-Tejedor wegen eines ermordeten Mitglieds der spanischen Gemeinde ermitteln. Im Gegensatz zu Ribas ist die Kommissarin aber bereits als Kind einer spanischen Gastarbeiterfamilie in Frankfurt aufgewachsen und wird deshalb als prädestiniert angesehen, diesen Fall aufzuklären. Doch als Frau mit dieser Herkunft einem Ermittlungsteam vorzustehen, provoziert offenbar noch immer Abwehrmechanismen. Und wenn sich dann auch noch die eigene Mutter einmischt ...
Spanien als literarisch bislang nur wenig zur Kenntnis genommene Herkunftsnation von Bürgern in Deutschland auf diesem Weg vorzustellen, gelingt sehr überzeugend, die Binnensicht einer spanischen Gemeinde einstiger "Gastarbeiter" auf eigene Traditionen, die Anfänge in Deutschland und sie einholende Vergangenheiten vor der Einwanderung erlaubt gänzlich neue Einblicke. Und die Charaktere der auf Serie angelegten Teamkollegen der Kommissarin sind ansprechend gezeichnet und tappen mit ihren Konkurrenzen innerhalb des Kommissariats keineswegs in jedes sattsam bekannte Klischee. Das hat alles einen guten Kern und ist ausbaufähig.
Hätte man gleich diesem Roman etwas mehr Feinschliff angedeihen lassen, wäre er womöglich zum durchschlagenden Trendsetter einer Reihe geworden, die sich ähnliche Konstellationen weiterer in deutschen Städten vertretenen Herkunftsnationen zum Thema machen könnte. So aber ist es halt nur ein insgesamt "ganz netter" Krimi, der auch in einem x-beliebigen anderen Verlag hätte erscheinen können.