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Nach 'Rub'al Khali, leeres Viertel' und 'Der Coup der Berdache' legt Michael Roes mit 'Haut des Südens' sein wohl bislang persönlichstes Buch vor.
In fünf Kapiteln wird eine Reise entlang des Mississippi durch die Südstaaten der USA geschildert. Der Ich-Erzähler ist weiß, seine deutsche Herkunft dank seines Alters nicht weiter problematisch - doch er leidet an einem sich rasch ausbreitenden, ekelerregenden Hautausschlag. Immer wieder muß er sich in medizinischen Sozialstationen die nicht gegebene Ansteckungsgefahr bestätigen lassen. Als er dann auch noch Daniel, einen Medizinstudenten aus Nigeria kennenlernt und sich beide als Paar zusammentun, wird es noch schwieriger, ein Hotelzimmer zu finden. Einem schwulen, schwarz-weißen Paar wird es nach wie vor selbst in einer großen Stadt wie St. Louis nicht leicht gemacht. Die z.T. aberwitzigen Situationen, in die nun beide geraten, erhalten durch die Besuche der Wirkungsstätten von Mark Twain, Herman Melville, William Faulkner und Ernest Hemingway ihren besonderen Drall. Erst allein, dann gemeinsam mit Daniel sucht der Erzähler die Nachfahren dieser weltberühmten Autoren auf und kommt auch mit den Nachfahren ihrer protagonistischen Vorbilder ins Gespräch. Während 'Moby Dick' in diesem Kontext als erstaunlich weltoffenes, Dünkel jeder Art karikierendes Werk bestehen kann, wird nicht nur Mark Twain als zeitlebens unbekümmerter Rassist entlarvt.
Jedes Kapitel auch stilistisch eine adäquate Entgegnung auf das jeweilige literarische Umfeld, machen allein schon diese Reflexionen und Kommentierungen den neuen Roes zu einem der interessantesten Titel dieses Bücherherbstes.
Ein unwiderstehliches, im besten Sinne horizonterweiterendes Leseabenteuer.
Weitere Besprechungen zu Werken von Michael Roes siehe:
Michael Roes: Der Coup der Berdache (1999)
Michael Roes: Haut des Südens (2000)