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Als Dr. Rouse spurlos aus Millers Kill verschwindet, hat Sheriff Russ Van Alstyne gleich von Anfang eine "dringende" Tatverdächtige im Visier - Reverend Claire Fergusson jedoch gräbt stattdessen in einer Vergangenheit herum, die weit über 70 Jahre zurückliegt. Beide gemeinsam kommen am Ende zu einem überraschenden Ergebnis.
Julia Spencer-Fleming weist sich erneut als Meisterin des Wohlfühlkrimis aus: Das überschaubare Milieu von Millers Kill gemahnt an das der Fernsehserie "Die Waltons", und man wartet nur darauf, dass jemand "Gute Nacht, John-Boy" in die Nacht ruft. Das heißt aber beileibe nicht, dass Spencer-Flemings Krimis seicht und ohne Spannung sind. Wo ihre Kollegin Donna Leon sich in Liebeserklärungen an Venedig ergeht, entwickelt Spencer-Fleming so konsequent wie plausibel Tragödien und kriminelle Energien gerade aus dem vermeintlich Einfachen und doch nur das Beste wollenden.
So hat in diesem Roman die großzügige Spendenbereitschaft einer Angehörigen der Kirchengemeinde von Reverend Claire Fergusson nicht geringen Anteil an so einiger folgenschwerer Gewalttätigkeit.
Das Ungewöhnliche und zugleich Liebenswerte dieses Romans steckt erneut in der geschickten Kombination und Ausgestaltung der Sichtweisen von Sheriff und Reverend, die zudem in einer zarten, weil "verbotenen" Liebe miteinander verbunden sind - diesmal sogar mit einem ersten "Höhepunkt".
Säkulares Gesetz und christliche Moral münden somit sehr unterhaltsam im Allzumenschlichen, ohne je moralinsauer zu werden oder als Parodie auf "Don Camillo" zu enden - oder gar die Gebote eines Krimis zu vergessen. Ein echtes Lesevergnügen also, von dem man gar nicht genug haben kann.
Weitere Besprechungen zu Werken von Julia Spencer-Fleming siehe:
Julia Spencer-Fleming: Die rote Spur des Zorns (2006)
Julia Spencer-Fleming: Die bleiche Hand des Schicksals (2007)