buechernachlese.de
|
Lisa hat drei Kinder, nach der Wende reicht das Geld für die neuen
Freiheiten hinten und vorne nicht - also geht sie anschaffen. In Berlin.
Franck ist Journalist und läßt sich von ihrem Alltag erzählen.
Es entsteht zwischen beiden allerdings nur eine scheinbare Nähe. Jeder
ist des anderen Folie, auf die unausgesprochene Wünsche und Gedanken
projeziert werden. Franck hat zudem gerade eine Beziehung hinter sich.
Anja hatte ihm vorgeworfen, alles nur noch in Schlagzeilen zu sehen. Und
mit einem Mal muß er immer wieder an einen nicht gefaßten Serienmörder
denken ...
Richard Wagners erneute Auseinandersetzung mit dem Geschlechterkampf
spielt sehr subtil mit den Erwartungen der Leser. Laut Klappentext handelt
es sich bei LISAS GEHEIMES BUCH um einen authentischen Dokumentarroman.
Möglich daß der Autor tatsächlich Gespräche mit einer
Prostituierten aufgenommen hat, aber er hat dann das Erfahrene auf eine
derart stilistisch kunstvolle Weise umgearbeitet, daß daraus alles
andere als typische Betroffenheitsliteratur ins Kraut geschossen ist.
Kurze
Sätze legen ein schnelles Tempo vor, aus der Menge abspritzender Schwänze
wird so ein monotones Einerlei - würden die Aussagen Lisas nicht stets
auch mit den Hintergedanken Francks korrespondieren. Aus Rollenklischees
werden nun persönliche Geschichten, scheinbar Glattes wird gebrochen.
Und zwischen den Zeilen lesen wir von einer konsumorientierten Welt, die
Ost und West nur noch auf einen Nenner zu bringen weiß: Geld. Die
überraschende Volte zum Schluß ist dann eigentlich gar nicht
mehr so überraschend. Aber da hat sich der Blick auf das Millieu,
auf Berlin, auf Ost und West schon längst erweitert.
Weitere Besprechungen zu Werken von Richard Wagner siehe:
Richard Wagner: Der Mann, der Erdrutsche sammelte (1994)
Richard Wagner: In der Hand der Frauen (1995)
Richard Wagner: Lisas geheimes Buch (1996)