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'Das Echolot' zum vierten und letzten.
Der Untertitel (Abgesang '45) verweist auf 'ein kollektives Tagebuch', das diesmal mit dem 20. April 1945 beginnt und dem 9. Mai 1945 endet. Historische Klammer sind somit das Kriegsende und die Vorboten der "Stunde Null".
Walter Kempowski hat damit sein genial gigantisches Projekt beendet. Als Komponist, Dirigent und Herausgeber historisch, lakonischer Momentbeschreibung hat er zehntausende Tagebücher und Autobiographien gesammelt und durchforstet, um sie schließlich auf ein stark reduziertes, aber immer noch mehrere tausend Seiten umfassende Auswahl in nunmehr vier Lieferungen zu insgesamt 10 "Ziegeln" einzuschränken. Die Qualität dieser wie der vorangegangenen Textsammlungen, die nun Einblicke durch die Zeitfenster des zweiten Halbjahres 1941, der Wochen vom 1.1. bis 28.2.1943, 12.1. bis 14.2.1945 sowie nun auch vom 20.4.1945 bis 9. Mai 1945 gewähren, liegt nicht zuletzt in den Möglichkeiten der Leserschaft, sich diese subtil gesetzten Mosaiksteine als eine Summe menschlich verschiedener, sich z.T. diametral gegenüberstehender Wahrnehmungen und Lebensäußerungen aneignen zu können.
Viele Stimmen verstummen nun gleich nach den ersten Seiten, u.a. die des Leibarztes Morell, neue kommen hinzu, wie die von Traudl Junge, Sekretärin und Zeugin des Selbstmords von Hitler. Die Mischung prominenter Stimmen, wie z.B. Adenauer, aber auch berüchtigter, wie z.B. Hitler selbst, hält sich in diesem Band mit den Stimmen Unbekannter in etwa die Waage. Die wie auch zuvor schon eingestreuten Photographien zeigen diesmal nur Bilder der NS-Prominenz kurz vor oder nach ihrer Hinrichtung.
Der Anhang umfasst wie schon gehabt alle Quellen und das Personenregister.
Wer die gleichzeitig herausgegebenen, mit 'Culpa' überschriebenen Notizen zu dem Echolot-Projekt liest, wird sich über den Preis dieses Bandes und der Vorgänger-Bände nicht mehr mokieren. Der letzte Band ist mit 495 Seiten der schmalste und im Seitenpreis der teuerste, eignet sich aber gerade wegen der Spezifik seines Zeitfensters und seines vergleichsweise reduzierten Umfangs hervorragend als Einstiegslektüre in diese Welt der Stimmen aus uns immer noch einholenden Zeiten.
Gratulation auch von hier aus zur Vollendung eines Lebenswerks!
Weitere Besprechungen zu Werken von und über Walter Kempowski siehe:
Büchernachlese-Extra: Walter Kempowski (1929 - 2007)