buechernachlese.de
|
Prag, vier Monate vor Kriegsende: Hauptkommissar Beran und sein Assistent
Morava haben einen neuen Mordfall zu bearbeiten. Außergewöhnlich
daran ist nicht nur das fein säuberlich ausgeweidete Opfer, sondern
auch, daß das Opfer eine deutsche Generalswitwe ist und die tschechischen
Kriminalbeamten bis dahin eigentlich nur die Straftaten von Tschechen untersuchen
durften. Obwohl sich herausstellt, daß die Indizien tatsächlich
für einen Tschechen als Täter sprechen, ahnen die beiden schon
bald, daß es hierbei um mehr geht. Standartenführer Meckerle
hat sie dem deutschen Oberkriminalrat Buback von der Gestapo zur Berichterstattung
verpflichtet. Buback jedoch soll insgeheim sondieren, ob und wie die tschechische
Polizei gegebenenfalls Widerstand gegen die deutschen Besatzer zu leisten
vermag, wenn es zum "letzten Gefecht" kommt. Beran und Morava wissen
nicht, daß Buback perfekt tschechisch spricht. Ein Katz und Mausspiel
beginnt.
Pavel Kohout erzählt ein vielschichtiges Kriminalstück, das
einmal mehr der simplen Schwarz-Weiß-Sicht auf Täter und Opfer
entgegenwirkt. So haben sich die redlichen Polizisten mit der Anschuldigung
der Kollaboration auseinanderzusetzen, weil sie bis zuletzt einem tschechischen
Serienmörder nachstellten, und umgekehrt gibt Kohout auch den beiden
deutschen, dem Standartenführer und dem Gestapomann, genügend
"Farbe", so daß sie in keine vorgefertigte Schublade passen.
Jede Stimme für sich ist verständlich und bis zu einem gewissen
Grad auch nachvollziehbar. Jedoch die Summe aller Stimmen, die am Höhepunkt
in den Widerstand bzw. in das Kriegsende kulminieren, läßt den
Mörder sogar kurzfristig zum Helden werden und hat Einfluß auf
die sich anschließende Zukunft. Hervorragend von Karl-Heinz Jähn
übersetzt, läßt einen das gelungene Gemenge aus packendem
Krimi, bedrohten Liebesgeschichten und versöhnlicher, weil nichts
zukleisternde Geschichtsbetrachtung frühestens nach der letzten Seite
los.
Weitere Besprechungen zu Werken von Pavel Kohout siehe:
Pavel Kohout: Ich schneie (1992)
Pavel Kohout: Sternstunde der Mörder (1995)
Pavel Kohout: Meine Frau und ihr Mann (1998)