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Bereits im Jahr 1960 stellte ein Franziskanerpater beim lateinischen Patriarchen von Jerusalem den Antrag, die Seligsprechung von Judas, dem Mann aus Kerioth, voranzutreiben, weil dieser Jesus bis zum Tod die Treue gehalten hat - so Walter Jens in seinem Essay "Der Fall Judas", erschienen 1975. Und noch früher, bereits 1944, hatte Luis Borges seine "Drei Fassungen des Judas" vorgelegt ...
Insofern ist der dem Roman "Ein Freund von Judas" zugrunde liegende "provokative" Ansatz längst nicht so neu, wie es im erläuternden Nachwort des Autors Gerald Messadié den Anschein hat. Messadié bezieht sich hierbei jedoch vor allem auf Meldungen aus den Jahren 2005 und 2006, wonach Fragmente von einem "Evangelium des Judas" entdeckt worden seien und der Vatikan sich anschicke, den Fall neu zu überdenken. Zudem verweist er auf in der Tat widersprüchliche Textstellen des Neuen Testaments, was die Rolle des "Verräters" Judas angeht.
Neu vorgelegt als preiswerte Taschenbuchausgabe lohnt sich also der Erwerb dieses Romans allemal, versteht es der französische Autor doch gekonnt, die Ereignisse vor und nach der Kreuzigung Jesu als so spannungsreiches wie plausibles Geschehen vorzustellen - ohne dabei die "Frohe Botschaft" Jesu in ihrem Kern anzutasten. Und damit ist auch dieser Roman ein durchaus unterhaltsames Gegengift gegen Denk- und Glaubensschablonen, die mehr das Korsett als die Inhalte der Worte Jesu zur Kenntnis nehmen und bewahren wollen.
Weitere Besprechungen zu Werken von Gerald Messadié siehe:
Gerald Messadié: Ein Mensch namens Jesus (1989)
Gerald Messadié: Moses - Herrscher ohne Krone (1999)
Gerald Messadié: Die Geliebte des Herrn (2005)
Gerald Messadié: Ein Freund namens Judas (2007/2009)]