buechernachlese.de
|
Kaum ist Sabriel geboren, stirbt die Mutter und sie wächst bis zu ihrem 5. Lebensjahr bei ihrem Vater Abhorsen im Alten Königreich auf. Doch weil seine Arbeit sehr gefährlich ist, bringt Abhorsen sie auf die andere Seite der Mauer nach Ancelstierre in ein spezielles Internat, das sie bis zu ihrem 18. Lebensjahr besucht. Dort wird ihr einerseits die übliche Allgemeinbildung Ancielstierres zuteil, die in etwa der einer Gesellschaft in den ersten Jahrzehnten des 20. Jahrhunderts entspricht, zugleich aber wird sie auch in die Magietechniken des Alten Königreichs eingewiesen. Nach ihrem glänzenden Schulabschluss erwartet sie nun den Vater, um mit ihm gemeinsam ihre weitere Zukunft zu planen - stattdessen erscheint ein Geist, der ihr das Schwert und die Glocken Abhorsens übergibt. Ein Zeichen, dass ihr Vater entweder bereits tot oder zumindest in Lebensgefahr ist. So oder so muss Sabriel die Nachfolge ihres Vaters antreten. Denn "Abhorsen" ist kein Name, sondern der Ehrentitel für den wichtigsten Nekromanten im Alten Königreich: Einer der keine Toten erweckt, sondern sie zur ewigen Ruhe legt.
Der australische Autor Garth Nix hat "Sabriel" bereits vor zehn Jahren veröffentlicht und dafür eine Menge Preise eingeheimst, die das Buch sowohl als gelungene Science-Fiction-Fantasy wie auch als Jugendbuch würdigten.
Obwohl viele Jugendliche hierzulande längst Stephen King und andere Science-Fiction-Autoren verschlungen haben, bedurfte es erst eines Harry Potter, damit sich deutschsprachige Kinder- und Jugendbuchverlage nun auch verstärkt dieses facettenreichen Genres annehmen.
Fantasy-Romane zeichnen sich in der Regel durch ein mittelalterlich magisch aufgeladenes Millieu aus. Ähnlich wie bei Harry Potter ist die Welt von Sabriel jedoch zweigeteilt. Während im Alten Königreich freie Magie wirksam ist, die es verantwortungsvoll zu binden gilt, spielt sie, je weiter entfernt die Menschen vom Grenzwall in der Sphäre Ancielstierres leben, kaum noch eine Rolle. Neben dem Erzaubern gewisser Annehmlichkeiten dient diese Magie vor allem dazu, das Gleichgewicht zwischen Lebenden und Toten zu bewahren. Denn manche klammern sich noch als Tote ans Leben und können so zur unmittelbaren Bedrohung werden.
Für die unvermittelt zum Abhorsen aufgestiegene Sabriel zeichnet sich schon bald ab, dass der Tote, den der Vater zu binden suchte, sowohl die Existenz des Alten Königreichs wie auch Ancielstierres gefährdet. Zum Glück aber findet Sabriel bald kompetente Mitstreiter, z.B. in Mogget, einem sehr schwarzhumorigen Geist in Katzengestalt.
Eine schematisch geordnete Bücherfluchtwelt? Dann aber gleich einem Schachbrett, das innerhalb fester Koordinaten unzählige Variablen ermöglicht. Denn auch wenn einige der beeindruckend ausgestalteten Charaktere sehr schnell in "gut" und "böse" einzuordnen sind, bleiben viele andere, die wie Mogget durchaus etwas anarchisch Doppelbödiges an sich haben, wie auch der zunehmende Verfall beider Sphären unsere "globalisierte" Realität widerspiegelt. Dem setzt Nix in "Sabriel" Mut und Verantwortungsbewusstsein bzw. das Wachsen mit den Aufgaben entgegen. Seine Vorstellungen über den Tod variieren das antike Bild vom alles Vergessen machenden Unterweltfluss Lethe und fordern dazu auf, dem Endlichen des Lebens ins Auge zu sehen. Vor allem aber erzählt er hier eine mitreißende Geschichte, die am Ende nach mehr verlangt.
Weitere Besprechungen zu Werken von Garth Nix siehe:
Altes Königreich
Garth Nix: Sabriel Bd.1/3 (2004)
Garth Nix: Lirael Bd.2/3 (2005)
Garth Nix: Abhorsen Bd.3/3 (2005)
Arthur Penhaligon - Die Schlüssel zum Königreich
Garth Nix: Schwarzer Montag Bd.1/7 (2006)
Garth Nix: Grimmiger Dienstag Bd.2/7 (2007)
Garth Nix: Goldener Sonntag Bd.7/7 (2010)