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FETISCH HOLOCAUST des 40-jährigen Richard Chaim Schneider zu lesen,
führt vor allem einen mit ausgetretenen Fettnäpfchen gefüllten
Graben vor Augen. Der Autor entlarvt hier u.a. trefflich die peinlichen
Bemühungen um das noch zu planende Holocaust-Denkmal in Berlin und
en passent auch den Namen der Hauptinitiatorin Lea Roshs** als "Künstlernamen".
Als Edith Rohs gefragt wurde, ob sie, die keine Jüdin ist, sich als
Jüdin empfinde, antwortet sie: "Ja, inzwischen ja. Und das liegt
vor allem an dem Holocaust-Denkmal".
Wo Schneider die vordergründigen
Machenschaften um den "Holocaust-Business" spiegelt, gibt es kaum
ein Vertun. Machtpolitische, werbestrategische und ähnliche Antriebe
machen vor nichts halt, wenn es ihren Zielen dient. Und Schneider wirft
nicht nur mit Lehm nach tümelnden Deutschen, sondern hinterfragt auch
die "Holocaustisierung" in Israel sowie seine eigenen Motivationen.
Sein Buch will und muß schließlich auch "vermarktet"
werden, damit es Leser findet. Aber Schneider erweist sich als glaubwürdig.
Seine Montage aus essayistischer Betrachtungen, journalistischem Aufdecken
und in die "rechte" Chronologie setzen sowie den Zitaten aus André
Schwarz-Barts Roman "Der Letzte der Gerechten" versucht keine "abschließenden
Urteile", sondern eine - leider nicht sehr ermutigende - Zwischenbilanz.
Schwer auszuhalten ist dabei u.a. Schneiders kaum verhohlener Verdacht,
wonach die Täter-Deutschen einem Psychogen ausgeliefert waren, das
auch in den Nachfolgegenerationen virulent sei.
Zeugt die Empfindung dieses
Verdachts nun von meiner Überempfindlichkeit, der ich demselben Jahrgang
wie der Autor angehöre? Und hätte ich kein Recht, mich gegen
diesen Vedacht zu wehren? Die einzige Möglichkeit zur Annäherung
ist der Dialog. Ausdauernde, von Verdrängung inspirierte Fettnäpfchentreterei
schafft allerdings kein Vertrauen. Schneiders Buch ist stachelreich, aber
es schärft gerade deshalb die Sinne und schützt so z.B. vor einer
voreiligen Vereinahmung des Werkes von Anna Maria Jokl.
**[Nachtrag: Am 25.01.2004 sagt Lea Rosh in einem Tagesspiegel-Interview, dass ihr Geburtsname "Edith Rosh" sei und sie zwar ihren Vornamen geändert aber nicht ihren Nachnamen hebräisiert hätte. Lea Rosh hat zudem offenbar erfolgreich auf Unterlassung geklagt, so dass jeder, der etwas anderes über ihren Nachnamen behauptet, 250000 Euro Strafe zu zahlen hätte.
Ferner erklärt Lea Rosh in dem Interview: "Ich gehe mit dem jüdischen Hintergrund meiner Familie nicht hausieren. Es ist zu traurig, dass die zweite Frau meines Großvaters in Theresienstadt umgekommen ist, und zwei Onkel auf der Flucht erschossen wurden. Gott sei Dank hat mein Vater meine Mutter, die inhaftiert war, wieder freibekommen."]
Weitere Besprechungen zu Werken von Richard Chaim Schneider siehe:
Richard Chaim Schneider: Zwischenwelten (1994)
Richard Chaim Schneider: Fetisch Holocaust (1997)
Richard Chaim Schneider: Israel am Wendepunkt (1998)