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Isabell Allende

Die Stadt der wilden Götter

Roman ab 13 Jahre. Aus dem Spanischen von Svenja Becker.
Suhrkamp Verlag, Frankfurt a. M. 2002. 327 Seiten. Gebunden. 22,90 Euro. ISBN: 3-518-41350-3
Lizenzausgabe bei Hanser Verlag, München 2002. 355 Seiten. Halbleinen. 16,90 Euro. ISBN: 3-446-20188-2, >>> Amazon
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Als die Krebserkrankung seiner Mutter immer weiter fortschreitet, müssen Alexander Cold und seine jüngeren Schwestern aufgeteilt und zu Verwandten geschickt werden. Den 15-jährigen verschlägt es zu seiner Großmutter Kate, die ihn alsbald ohne viel Federlesens auf eine Expedition in die Urwälder Amazoniens mitnimmt. Kate Cold ist eine arrivierte Reiseschriftstellerin und soll nach einer blutrünstigen, riesenhaften 'Bestie' Ausschau halten. Neben dem Führer und seiner knapp 13-jährigen Tochter Nadia schließen sich noch Kates Photograph, ein Anthropologe, eine Ärztin sowie einige Soldaten zum Schutz gegen die angeblich barbarischen Indianer den beiden an. Dennoch ist schon bald das erste Todesopfer zu beklagen. Und dann werden Alexander und Nadia von den 'Nebelmenschen' entführt. Von ihrem Überleben unter diesem ältesten und rätselhaftesten der Amazonasvölker hängt schließlich das Schicksal aller anderen Expeditionsteilnehmer ab.

Die Übersetzung des ersten Jugendromans von Isabell Allende erscheint vor der Originalfassung - und das auch noch gleich in zwei deutschen Verlagen. Womöglich auch ein trefflicher Beleg dafür, dass Jugendliteratur nicht zwangsläufig mindere, für Erwachsene uninteressante Belletristik sein muss. Gewiss, der Aufbau ist gestrafft und muss ohne größere Vor- oder Rückblenden auskommen, und so mancher (Neben-)Protagonist ist sehr viel näher am klischeehaften Stereotyp als an einem voll ausformulierten Menschenbild - trotz dieser Reduktionen findet sich hier alles, was Isabell Allendes Geschichten für ihre Anhänger so reizvoll und schätzenswert macht. Ihr magischer Realismus verleiht der Phantasie Flügel, ohne mit ihnen je ins Unglaubwürdige abzustürzen. Sie entwickelt betörende Bilder von unentdeckten Landschaften und geheimnisvollen Wesen, denen man in realiter umsonst nachspüren würde - von denen aber viele gewiss schon geträumt haben. Dabei ist ihr Einfühlungsvermögen in die (realen!) Erlebniswelten pubertierender Jugendlicher von höchster Treffsicherheit und vermag in virtuoser Authentizität deren ruppige 'Coolness' als Fassade unterdrückt zärtlichen Empfindens zu entlarven. Der Optimismus und das Vertrauen auf die nächste Generation gewinnt durch die lakonische Fallhöhe, die neben den holzschnittartig gezeichneten Großgrundbesitzer und Waffenhändler auch eine Großmutter Kate setzt, die alles andere als eine liebevoll behütende Omi abgibt und Alex bei jeder sich bietenden Gelegenheit nur allzu gern ins kalte Wasser wirft. Von Moralinsäuernis keine Spur stellt sich in 'Die Stadt der wilden Götter' eben nicht vordringlich die Frage, ob die alten Völker und die Natur Amazoniens schützenswert sind, sondern dass und wie Jugendliche unter erschwerten Bedingungen wachsen und auch über sich selbst hinauszuwachsen vermögen. Wer nach wie vor die Magie im Alltag sucht und am Erzählen nicht zuletzt die Kraft des Fabulierens schätzt, wird dieses Buch lieben - unabhängig vom Alter.

Was die beiden Buchausgaben angeht: Die preiswertere ist durchaus attraktiv in Halbleinen und mit lesefreundlich großen Satztypen ausgestattet, die andere in Ganzleinen plus Lesebändchen eignet sich für Erwachsene mit besonders ausgeprägter Bibliophilie oder auch für jene, die sich schon beim Lesen der Jugendbuchversion der Harry Potter Bücher nicht erwischen lassen wollten.

Weitere Besprechungen zu Werken von Isabel Allende siehe:
Isabel Allende: Der unendliche Plan (1992)
Isabel Allende: Paula (1995)
Isabel Allende: Fortunas Tochter (1999)
Isabel Allende: Die Stadt der wilden Götter (2002)

Buechernachlese © Ulrich Karger


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