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Zwischen 2008 und 2018 erschien in Dithmarschen an der schleswig-holsteinischen Nordseeküste das Magazin LÜÜD (hochdeutsch: Leute). Hierfür hatte der Künstler und Schriftsteller Manfred Schlüter Monat für Monat die Rückseite gestaltet.
Einerseits mit Collagen im Format 9,7 x 13,9 cm, in die er Ausschnitte von Meisterwerken vor allem aus dem 14. bis zum 20. Jahrhundert eingearbeitet hatte. (Das älteste Meisterwerk "Sitzender Schreiber von Sakkara" entstand sogar bereits 2500 v. Chr., das jüngste von 1971 ist "Nachkomme II" von Samuel Bak. Darüber hinaus hat Schlüter u.a. querbeet "gewildert" bei Beckmann, Bosch, Bruegel, Caravaggio, da Vinci, Dix, Picasso und Rembrandt sowie bei einigen Meisterinnen wie Marija Baskirceva bzw. Marie Bashkirtseff, Lucia Anguissola und Suzanne Valadon.)
Unter diese Collagen hat Schlüter eigene Texte mit etwa 10 bis 15 Zeilen gesetzt, die sich das jeweilige Bild als Illustration aneignen - der Form nach poetisch und satirisch bis zum Dadaismus, enthalten sie oft auch durchaus Bezüge zur Realität jener Dekade zwischen 2008 und 2018. Also mehr oder weniger bedeutende Ereignisse, die Schlüter seinerzeit berührten, ihn an- und aufregten und dann nicht mehr aus dem Kopf gingen - Weltpolitisches wie in der Person des "Präsidenten der gepeinigten Staaten" oder auch nur den "Tragödienstadel" um "Horst S. und seine Weißwurstburschen" und natürlich für ihn Naheliegendes wie eine Muse "zwischen den Deichen, auf den Höfen".
Die letzte dieser Miniaturen ist in plattdeutsch formuliert, was aber schon auf den folgenden Seiten des Anhangs ins Hochdeutsche übersetzt wird. Zudem weist der Anhang auch für jedes Bild die Herkunft der Originale aus und macht an einem Beispiel anschaulich, wie ein Originalfragment von Schlüter verfremdet und dann Teil einer Collage wurde.
Insgesamt ergibt das Ansichten zeitloser Schönheit(en), gepaart mit Lektüren von stets wohldosiert subtilem Witz, der unaufdringlich helfen kann, Weisheit oder zumindest amüsierte Gelassenheit zu erlangen.
Und als wäre das nicht schon genug, scheint Manfred Schlüter mit dem Verlag Bibliothek der Provinz wie einst Günter Grass mit Steidl eine kongeniale Beziehung eingegangen zu sein, die auch der Ausstattung nach wunderschön gebundene Bücher hervorzubringen vermag.
Summa summarum also eine treffliche Ergänzung der Büchernachlese-Bestenliste - was zwar nur eine kleine, aber hoffentlich nicht die letzte Auszeichnung ist, die diesem Buch von Manfred Schlüter widerfährt.
Weitere Besprechungen zu Werken von Manfred Schlüter siehe:
Illustrationen zu Achim Bröger: Ich kann nicht einschlafen (1991)
Manfred Schlüter siehe Vorlesetipps-Extra (1995, 1996, 2000)
Manfred Schlüter: Das Perpezedum (2013)
Manfred Schlüter: Am Anfang sagte der Apfel (2016)
Manfred Schlüter: Der kleine Herr Jemine (2017)
Manfred Schlüter: Guruku Gugukuru (2020, Kurzhinweis)
Manfred Schlüter: Und draußen ist die Welt (2022)